Tausende Russen fordern Nawalnys Freiheit
Viele junge Menschen fordern ein freies Russland. Es geht nicht nur um die Inhaftierung des Oppositionellen und gegen Korruption im Machtapparat. Bei historischen Protesten erlebt Russland einen Aufstand gegen das System von Kremlchef Wladimir Putin. Es gab Dutzende Verletzte.
In einer Protestwelle haben Zehntausende Menschen in ganz Russland für die Freilassung des Kritikers Alexej Nawalny. Die Proteste vom äussersten Osten des Landes bis nach Kaliningrad an der Ostsee richteten sich gegen die politische Verfolgung Andersdenkender. In Moskau kam es zu Zusammenstössen der Polizei mit Demonstranten. Bürgerrechtler zählten bis zum frühen Samstagabend landesweit mehr als 1800 Festnahmen.
In Polizeigewahrsam kamen auch Ehefrau Julia und zum wiederholten Mal auch seine Mitarbeiterin Ljubow Sobol. «Putin wor» auf Deutch «Putin ist ein Dieb!» – riefen die Menschen in Moskau und vielen anderen Städten. Es war der Satz des Tages, der die vielen Demonstranten im ganzen Land auch über die riesigen Distanzen miteinander verband. Dabei ging es nicht nur um dem Raub von demokratischen Freiheitsrechten, viele riefen: «Russland wird frei sein!».
Dass Putin als Dieb bezeichnet wird, hängt vor allem mit den Korruptionsvorwürfen gegen ihn und seinen Machtapparat zusammen. Nawalny deckt diese Machenschaften seit Jahren auf – und hat deshalb besonders viele Feinde in der russischen Führung.
Der Oppositionsführer war am Montag nach seiner Rückkehr aus Deutschland bei Moskau in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden war. Nawalny soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstossen haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Der 44-Jährige sieht das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert an. Ihm drohen viele Jahre Gefängnis – sowie mehrere Gerichtsverfahren.
Aufgrund der Zeitverschiebung mehrere Stunden vor den Menschen in Moskau waren in anderen Städten bereits Tausende Demonstranten auf die Strassen gegangen. Vielerorts blieb das befürchtete brutale Vorgehen von Sicherheitskräften aus. Wegen der Corona-Pandemie werden in Russland schon seit Monaten keine Kundgebungen mehr genehmigt. Menschenrechtler sehen das als Vorwand, um die Opposition zum Schweigen zu bringen.