Die Rentenreform: Eine Chance für Frauen – Aber zu welchem Preis
Die Rentenreform in der Schweiz ist in aller Munde. Am 22. September werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger darüber entscheiden, wie die berufliche Vorsorge in Zukunft aussehen soll. Ein zentrales Thema dabei: die Auswirkungen auf die Frauen. Während die Befürworter betonen, dass die Reform vor allem den Frauen zugutekommen soll, bleiben viele Fragen offen.
Warum die Rentenreform besonders für Frauen wichtig ist
Frauen haben im Durchschnitt tiefere Renten als Männer. Dies liegt unter anderem daran, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, weniger verdienen und dadurch weniger in die Pensionskasse einzahlen. Zudem haben sie durch Erwerbsunterbrüche aufgrund von Familienarbeit oft geringere Vorsorgeleistungen. Die Rentenreform zielt darauf ab, diese Ungleichheiten zumindest teilweise auszugleichen, indem sie den Versicherungsschutz für niedrigere Jahreseinkommen ausbaut.
Ein Beispiel zeigt, wie dies funktionieren könnte: Laut Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) würde eine 45-jährige Person mit einem Jahreslohn von 40’000 Franken nach der Reform eine höhere Monatsrente erhalten – konkret 581 Franken statt wie bisher 412 Franken. Doch wie sieht es für Frauen aus, die über dem Mindestlohn verdienen oder erst spät ins Berufsleben eingestiegen sind?
Komplexität der Reform sorgt für Unsicherheit
Die Reform ist jedoch nicht einfach zu verstehen. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich überfordert von den technischen Details und den möglichen Auswirkungen. Begriffe wie „Umwandlungssatz“ oder „Koordinationsabzug“ sind für die meisten Menschen wenig greifbar. Dabei sind genau diese Faktoren entscheidend dafür, wie viel Rente jemand letztlich erhält.
Ein zentraler Bestandteil der Reform ist die Senkung des Umwandlungssatzes. Dieser bestimmt, wie viel Rente eine Person aus ihrem angesparten Pensionskassenguthaben erhält. Die geplante Senkung des Umwandlungssatzes bedeutet, dass die Rente aus dem obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge kleiner wird. Laut dem Beraterunternehmen PricewaterhouseCoopers sind jedoch nur rund 14 Prozent der versicherten Personen von dieser Änderung direkt betroffen. Wer mehr als das Minimum versichert hat, hat bereits jetzt einen tieferen Umwandlungssatz.
Gewinner und Verlierer der Reform
Ob eine Person von der Reform profitiert oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab: dem Verlauf des Erwerbslebens, dem Alter bei Inkrafttreten der Reform und dem Einkommen. Für Personen mit niedrigeren Einkommen, wie viele Frauen sie haben, könnte die Reform tatsächlich zu höheren Renten führen. Wer jedoch überdurchschnittlich verdient oder eine längere berufliche Auszeit genommen hat, könnte auch zu den Verlierern gehören.
Auch die Beiträge zur Pensionskasse ändern sich. Während jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer künftig höhere Sparbeiträge leisten müssten, könnten die Beiträge für ältere Beschäftigte sinken. Dies könnte vor allem für Frauen in Berufen mit niedrigerem Einkommen, die später ins Berufsleben eingestiegen sind, eine Herausforderung darstellen.
Die politische Debatte über die Rentenreform
Die Rentenreform ist nicht nur eine technische, sondern auch eine politische Frage. Befürworter wie der Bundesrat argumentieren, dass die Reform notwendig ist, um die Finanzierung der zweiten Säule der Altersvorsorge zu sichern. Kritiker, darunter der Schweizerische Gewerkschaftsbund und verschiedene linke Parteien, sehen darin jedoch eine Verschlechterung der Altersvorsorge für viele Menschen.
Die Entscheidung über die Rentenreform wird daher auch eine Entscheidung über die Frage sein, wie gerecht die Altersvorsorge in der Schweiz sein soll. Wird sie die Rentenlücke zwischen Männern und Frauen verringern, oder werden die Frauen die Hauptlast der Reform tragen?
Am 22. September wird sich zeigen, wie die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger diese Frage beantworten.